Indiodörfer, Hochseedampfer und das „Süße Meer“
Auf einer Länge von insgesamt 6448 Kilometern schlängelt sich der Amazonas durch das größte zusammenhängende Waldgebiet der Erde. Von den Anden bis zum Atlantik formt er das Tiefland Brasiliens und macht es zu einem noch heute unzugänglichen Naturjuwel von bizarrer Schönheit. Der Wasserweg meint nicht selten die einzige Möglichkeit, zu den Indiodörfern und dichten Wäldern vorzudringen. Bis Manaus, der Kapitale Amazoniens gleiten Hochseedampfer auf dem gewaltigen Strom dahin. Wer das Labyrinth der rund 100.000 Nebenflüsse erkunden möchte, muss auf kleinere Boote umsteigen und wird dabei die Seele Brasiliens entdecken. Papageien hocken in den uralten Baumriesen links und rechts des Flusses. Weitet sich jener auf, sieht man schwimmende Inseln leicht schaukelnd ans sich vorüberziehen. Diese Sammelsurien bestehen aus vom Hochwasser weggespülten Sträuchern, abgebrochenen Baumstämmen und zahllosen Wasserpflanzen. Bis zu 100 Meter können diese mobilen Eilande lang werden. Auf ihnen tummeln sich Tiere, die im Starkregen hinfort geschwemmt wurden. Auf diese Weise entstehen kleine, eigenständige Biotope.
Der Rhythmus der Natur
Egal ob auf Weltreise oder als „normaler“ Urlaub; die Ankunft im Amazonastiefland lässt den Atem jedes Reisenden stocken. Wer den Fluss von der Mündung aus befahren möchte, kommt an der Stadt Macapá nicht vorbei. Die Metropole liegt exakt auf dem Äquator und fungiert als Startpunkt für eine unvergessliche Expedition. Vor ihren Toren kann man bei Voll- und Neumond die Pororoca-Welle vorbeisausen sehen. Diese Gezeitenwoge jagt dann zweimal täglich den Fluss hinauf und wird dabei bis zu fünf Meter hoch. Der Indio-Name „Pororoca“ meint übersetzt „Wasserdonnerlärm“; dieser kündigt ihre Ankunft schon Minuten zuvor an. Wer da nun glaubt, die Springflut würde der Flora und Fauna der Region Schaden zu fügen, der irrt. Die Tiere ziehen sich lange vor ihrer Ankunft auf Bäume und sichere Erhöhungen zurück. Sie haben sich an den Rhythmus der Natur angepasst und zeigen keinerlei Panik. Nach spätestens einer Stunde krabbeln, schlängeln oder schwingen sie sich wieder durch ihren angestammten Lebensraum. Mühelos überwindet die Pororoca die 800 Kilometer lange Distanz bis Óbidos. Jene Stadt wurde an einer der schmalsten Stellen des Flusses errichtet. Er misst dort „nur“ zwei Kilometer Breite und hat sich deshalb tief in den Untergrund gegraben. Unglaubliche 93 Meter ist der wasserreichste Strom vor Óbidos tief!
Leben am Fluss
Der spanische Seefahrer und Entdecker Vicente Yánez Pinzón war der erste Europäer, der das Amazonasbecken durchstreifte. Da im Mündungsbereich an der Atlantikküste ein extrem niedriger Salzgehalt herrscht, gab er dem Fluss den passenden Namen „Mar Dulce“, das „Süße Meer“. Um auf seinen Spuren zu wandeln, bucht man eine Reise unter www.ruppertbrasil.de und steuert vom gewaltigen Delta aus der Millionenmetropole Manaus entgegen. Inmitten undurchdringlichen Dschungels gelegen, meint sie ein Juwel der portugiesischen Kolonialherrschaft. Als perfekter Stützpunkt für Ausflüge in den Dschungel ist sie nicht nur wegen des Zusammenflusses des Rio Negros und Rio Solimoes‘ berühmt. Macht man sich auf, die der Stadt gegenüberliegende Uferseite zu erleben, trifft man auf ein Naturwunder. Die riesigen Seerosen Vitória Régia dümpeln gemächlich im Rio Negro und bringen es auf bis zu einen Meter Durchmesser. Nur einen Steinwurf davon entfernt, verstecken sich schwimmende Indiodörfer in den Wäldern um Manaus. Die Ureinwohner Brasiliens pflegen eine innige Beziehung zu ihrem Amazonas. Sie versuchen nicht gegen sondern mit dem Fluss zu leben. Die kleinen, scheinbar provisorisch aneinander festgezurrten Häuser halten tropischen Stürmen und sintflutartigen Regenfällen stand. Was sich seit Jahrtausenden bewährt hat, braucht keine Stahlstreben und Betonpfeiler – die Indios beweisen es!